Institute for Digital Business

Autobahn der Prozesse Speed – Speed – Speed

Dezember 24, 2018

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Marcel Frick, welcher das Vermietungsmanagement bei der Privera leitet und Pascal Staub, welcher für den Bereich Unternehmensentwicklung und Qualitätsmanagement verantwortlich zeichnet, erzählen von ihrer Praxis-Erfahrung mit der digitalen Transformation. Aus dem Unterricht des CAS Digital Real Estate berichtet Alex Widmer:

«No, you were not downloaded, you were born»

Der Faktor Mensch wird im Prozess der digitalen Transformation unterschätzt.

Speed – Speed – Speed und doch geht insbesondere in der digitalen Transformation nicht alles so schnell. Die Erwartungen an die Digitalisierung konnten bis heute nicht erreicht werden. Weder Smart City noch Smart Buildings sowie auch Internet of Things haben sich in der Immobilienwirtschaft bei weitem «noch» nicht durchgesetzt. Jeder muss agil reagieren, die Immobilienbranche ist aber absolut «noch» nicht agil.

Bei der Privera dreht sich alles um die Digitalisierung der Prozesse. Neben wenig anderen grossen Playern auf dem Markt, ist Privera eine der grossen Bewirtschaftungsfirmen, welche sich die Digitalisierung nicht nur auf die Fahne geschrieben hat, sondern diese auch konsequent umsetzt.

Es ist äusserst spannend, Berichte aus der Praxis zu hören, bei welchen man konsterniert feststellen muss, dass der Speed nur sehr stockend an Fahrt aufnimmt.

Interessanterweise gibt es auch gegenläufige Bewegungen. Aus dem aktuellen Mui Index (Media Use Index) ist erkennbar, dass die Dynamik der Schweizerinnen und Schweizer, die mit ihrem Smartphone auf das Internet zugreifen, an Tempo verloren hat. http://www.media-use-index.ch/

Wir haben heute die technologischen Mittel, die Branchen und die Kunden verändern sich, die Prozesse werden effizienter und es werden neue Geschäftsmodelle entstehen.

Ob wir es heute oder morgen angehen ist nicht entscheidend, es ist aber wichtig, dass wir uns heute damit auseinandersetzen. Es ist erschreckend, wie wenige sich in der Immobilienbranche wirklich Gedanken machen, wie die Prozesse in 10 Jahren aussehen werden.

Ziele der digitalen Transformation

Für eine erfolgreiche Transformation muss man sich zwingend mit den Zielen der digitalen Transformation auseinander setzen. Die Ziele können wie folgt in drei Gruppen unterteilt werden:

  1. Erhöhung der Kundenbindung (externe Möglichkeiten)

Verbessertes Kundenerlebnis: durch über multiple und integrierte Kanäle (klassische Filiale, mobile Webseite, soziale Medien, E-Shop etc.) konsistentes Kundenerlebnis.

Kunden Insights: durch Verwendung von Tracking und Analysetools, um das Kundenverhalten zu analysieren und Aussagen bezüglich des Kaufverhaltens abzuleiten.

  1. Umsatzsteigerung durch neue Produkte (externe Möglichkeiten)

Produkterweiterungen: durch Erweiterung des bestehenden Produkteangebots auf digitale Plattformen und Technologien wie E-Business und M-Commerce.

Komplett neue Produkte und Business Modelle: durch Erstellung von neuen digitalen Produkten wie z.B. Apps, eBooks, digitale Dienstleistungen, Smart Meter.

  1. Effizienzsteigerung im Betrieb (interne Möglichkeiten)

Kostenreduktion: durch Einsatz von Technologien, um die Betriebskosten zu senken z.B. im Supply Chain Management-Prozess oder der Produktion.

Produktivitätssteigerung: durch Einsatz von Technologien, um z.B. virtuelle Konferenzen auf der ganzen Welt abhalten und die globale Zusammenarbeit verbessern zu können.

In der Praxis gibt es 8 Dimensionen der digitalen Transformation, welchen allen die nötige Beachtung geschenkt werden muss.

https://doubleyuu.com/

Erfolgsrezepte der Privera

  • Eine digitale Lösung (Prozess, Plattform, App, etc.) sollte nur etwas tun, dies aber perfekt
  • Eine digitale Lösung zu entwickeln sollte keine spontane oder trendgetriebene, sondern eine bewusste und strategische Entscheidung sein
  • Neben einem ausgezeichneten Interface- und einer guten Usability muss der Mehrwert für den Nutzer eindeutig erkennbar sein
  • Offenheit gegenüber Neuem! Den Mut haben alte Gewohnheiten zu durchbrechen und zu ändern

Wie werden bei der Privera Ideen generiert?

Neben der Vision und Mission braucht es immer wieder neue Ideen, um sich als Marktführer zu behaupten und die nötige Innovation an den Tag zu legen.

Für die Ideenfindung kommen bei der Privera die folgenden Methoden zur Anwendung:

Learning aus der Projektentwicklung

  • Es wird nicht mehr nur noch auf den ROI geachtet, sondern es werden möglichst alle weichen Faktoren miteinbezogen.
  • Es braucht die Definition einer erreichbaren Vision, welche klar und verständlich definiert wird.
  • Im Laufe der Projektkonzeption ist es aber auch schon vorgekommen, dass die Vision angepasst wurde.

Was muss in einem Projektantrag an die Geschäftsleitung berücksichtigt werden, damit dieser Erfolg hat?

Damit ein digitales Projekt nach der Idee nicht bereits stirbt, ist es äusserst wichtig, dass das Projekt der Geschäftsleitung entweder als Machbarkeitsstudie oder als Projektantrag präsentiert wird.

Damit der Projektantrag bewilligt wird, müssen die folgenden Fragen beantwortet sein:

  • Welche Vision hat die digitale Lösung?
  • Welches Ziel (Mission) hat die digitale Lösung?
  • Welche Zielgruppe wird angesprochen (Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter etc.)?
  • Welchen Mehrwert bringt die digitale Lösung (Umsatz, Qualität etc.)?
  • Welcher «Pain» wird gelöst?
  • Wird die digitale Lösung intern oder mit externen Partnern entwickelt?
  • Wie wird die digitale Lösung öffentlich vertrieben und beworben?
  • Welches Erlösmodell ist für die digitale Lösung vorgesehen?
  • Welche Risiken bestehen und was für Auswirkungen haben diese?

Praxiserfahrung Privera mit dem Privera-Kundenportal

Eine grosse Herausforderung ist der Prozess, die Kunden zu motivieren, dass sie sich auf den digitalen Tools registrieren und diese anwenden.

Das Kundenportal von Privera läuft auf der “Plattform” von Allthings. Rund 23% aller Mieter haben sich auf dem Mietertool registriert. Rund 35’000 Mieter wurden angeschrieben. Leider musste festgestellt werden, dass die Mieter bei einem Problem meist gleichzeitig mehrere Mittel einsetzen. Es wird im Portal ein Ticket erfasst, es wird ein Mail abgesetzt und es wird noch gleichzeitig telefoniert.

Die Ziele und die Erwartungen mit dem Mieterportal konnten «bis heute» leider bei weitem nicht erreicht werden.

Beispiele Entwicklung Wohnungsabnahme APP

Vision Wohnungsabnahme-App der ersten Generation:

«Die Erstellung des in Papierform vorliegenden Wohnungsprotokolls soll komplett mit iPads und mittels einer App durchgeführt werden. Der Mieter erhält das Protokoll inkl. aller Beilagen in elektronischer Form zugestellt. Das Protokoll ist rechtskonform erstellt und archiviert.»

Bei der Entwicklung stellten sich sehr viele IT Fragen wie z.B. welche Form der App anzuwenden ist. Es gibt folgende Möglichkeiten dazu:

Native App; Wird eine App in der plattformspezifischen Entwicklungssprache realisiert, handelt es sich um eine native App. Bei iOS ist das Swift oder Objective-C und bei Android Java oder Kotlin. Entwickelt werden native Apps auf Basis der von den Herstellern Apple und Google zur Verwendung bereitgestellten SDKs (Software Development Kit).

Web App; Eine Webapp ist nichts anderes als eine Webseite, die sich auf einem Handy halbwegs vernünftig darstellen und bedienen lässt.

Hybrid App; Eine Hybride App versucht eine Brücke zwischen nativen Apps und Webapps zu bauen. HTML Inhalte werden dabei in einen nativen Rahmen gelegt und durch weitere native Komponenten ergänzt.

Erfahrungen und Merkpunkte zur digitalen Lösungsentwicklung

  • Eine goldene Regel oder ein standardisiertes Vorgehen gibt es nicht.
  • Der Nutzer muss ins Zentrum der Lösung und deren Entwicklung gestellt werden.
  • Bei der Ideenentwicklung ist der Mut aufzubringen, bestehende Prozesse und Organisationen komplett in Frage zu stellen.
  • Überragendes Design und ausgezeichnete User Experience ist immer anzustreben.
  • Vision, Ziele, Mehrwert und Risiken müssen klar beschrieben sein.
  • Ein Prototyp ist zwingend zu erstellen und zu testen.

Der Mensch im Vordergrund des digitalen Wandels

Die drei Entwicklungsstufen vom digitalen Verständnis über die digitale Nutzung zur digitalen Transformation stellen eine grosse Herausforderung dar. Insbesondere stellt das Generationenverständnis eines der grössten Herausforderung dar. Es gilt nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch die Auftraggeber und die Mieter auf das gleiche Verständnis zu bringen. Die Ängste der Mitarbeiter stehen im Zentrum.

Der Druck und das Arbeitsvolumen auf die Immobilienbewirtschafter haben massiv zugenommen. Bei den grossen Firmen wird ein grosser Teil der Arbeitszeit ins Reporting investiert.

Ein zusätzlicher Druck entsteht heute aber auch durch die Transparenz, welche zu massiv mehr Druck und Tempo führt.

Führt denn Transparenz auch zu mehr Qualität?

–> Ziel muss sein, dass sich die Qualität verbessert. Dies kann nur erreicht werden, wenn neben der Datentransparenz auch mit dem Menschen richtig umgegangen wird und dieser aufgrund der Transparenz nicht vernichtet wird.

«Der Hauptgrund für Stress ist der Kontakt mit Idioten»

Fazit

  • Kultureller und technologischer Wandel sowie der Wandel der Geschäftsmodelle sind u.a. die Gründe für die digitale Transformation.
  • Digital Leadership als zentraler Erfolgsfaktor innerhalb der 8 Dimensionen der digitalen Transformation.
  • Die jeweiligen Technologien und deren möglichen Auswirkungen müssen grundlegend – vor allem vom Management – verstanden werden.
  • Social Media und Mobility sind markante Digitale Treiber.
  • Digitale Risiken kennen, aber nicht in den Vordergrund stellen, Chancen nutzen und konsequent umsetzen, mutig sein.
  • Kill the HIPPO (Highest Paid Person’s Opinion) und Veränderung zum VOPA (Vernetzung Offenheit Partizipation Agilität).
  • «Design Thinking» für die Ideengenerierung sowie «Business Model Canvas» sind starke Werkzeuge und heute in aller Munde.
  • Das Mittel des Prototypings ist bei der Lösungsentwicklung zwingend zu nutzen.

Fragen zum Theorieblock:

  • Was versteht man vom Hippo- zu VOPA Prinzip?
  • Was für Methoden gibt es zur Ideenfindung?
  • Was für Formen von App’s gibt es?
  • Welcher Inhalt führt ein Digitalisierungs-Projektantrag zum Erfolg?

Weitere ausführliche Infos findet Ihr unter dem Link meiner Vorautoren, welche die Lektionen vorbildlich zusammengefasst haben.

https://www.hwzdigital.ch/kultur-die-groesste-herausforderung-zur-erfolgreichen-digitalen-transformation/

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