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Cognitive Computing

November 6, 2017

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Aus dem CAS Disruptive Technologies berichtet Tilo Hühn – Unterricht verschoben, Inhalt autorisiert von Marcel Blattner.

«Cognitive Computing ist das Orchestrieren naturanaloger Verfahren zur Erhöhung des systemischen Intelligenzprofils eines Lösunsgssystems» (Haun, M. 2014)

«Cognitive Computing» kann wie beispielsweise im Falle vom IBM Watson zur Verarbeitung grosser Mengen strukturierter und unstrukturierter Daten eingesetzt werden und so zur Erkennung von Zusammenhängen führen, die unter anderen Umständen ohne Maschinenintelligenz durch Menschen nicht oder nur zufällig beobachtbar sind. Dadurch können Neuzugänge und somit die Einführung einer Unterscheidung in bereits Unterschiedenes gefunden, erlerntes Vergessen und Zusammenhänge neu hergestellt werden.

Nutzen: Von der Ein- zur Voraussicht

Anwendungsbereiche sind beispielsweise die Sprach-, Gesichts- und Bilderkennung, Linguistische Analysen (Sentiment – Haltung usw.), Risiko- und Betrugsanalyse, Wartungs- und Verkaufsprognose, die digitale Repräsentation und Vorhersage von Bedürfnisprofilen, sowie die Simulation von komplexen Systemen zur Erforschung der Zusammenhänge bis hin zum Gehirn.

Quelle: IBM HPC and HPDA for the Cognitive Journey with OpenPOWER

Ein mittels «Cognitiv Computing» erzeugtes System besteht in dem durch die Repräsentationen der Wirklichkeit beschriebenen Erkenntnisbereich. Das System kann über Wissen und den damit verbundenen Operationen verfügen, wenn das Erkennen durch einen überwiegend selbstbezüglichen kognitiven Prozess stattfindet. Dieses Wissen stellt eine nicht entdeckte, sondern konstruierte Wirklichkeit dar. (Haun, 2014)

Für das «Cognitiv Computing» werden auf symbolischen (Produktionsregeln, Fuzzy Logik, Rekursive Algorithmen, Agentensysteme) und/oder subsymbolischen (neuronale Netze) Ansätzen basierende Modelle gebildet. Der multiplikative Einsatz dieser unterschiedlichen Techniken ermöglicht es neue Problemlösungsräume zu erschliessen. Bei diesen Techniken ist die Wissensrepräsentation in natürlichen und artifiziellen Systemen als adäquate Handlungsoption innerhalb eines Problemraumes vergleichbar.

Wo symbolische Techniken auf Deduktion begrenzt sind wird es unter Umständen durch subsymbolische Ansätze möglich Induktion und so Intuition, Verallgemeinerung und Übertragung zu verwirklichen. Zum Einsatz kommen Agentensysteme die beispielsweise über Wahrnehmung (Sensorik) und Verarbeitung durch softwaresimulierte Neuronale Netze (Kognition) Lösungen (Bedeutungskonstruktion), Entscheidungen (Kombinatorik) und Handlungen (Aktorik) generieren können.

Um solche Aufgaben lösen zu können, für die die Agentensysteme ursprünglich nicht dezidiert programmiert oder trainiert werden, ist es Voraussetzung, dass sie sich selbst weiterentwickeln können. Eine solche Weiterentwicklung setzt neben einer bereitgestellten Wissensbasis den Zugriff auf Umweltvariablen in Form von Information und möglicherweise auch durch das Handeln in der Umwelt «Embodied Cognition» voraus.

Agentensysteme können zur Bedeutungskonstruktion im Sinne der Komplexitätsreduktion zur Informationsverarbeitung und Entscheidungsunterstützung eingesetzt werden. Als Agenten kommen autonome Einheiten zum Einsatz, die zum aktiven d.h. wahrnehmenden und interoperativen Bestandteil ihrer Umgebung werden. Agenten werden in einem Organisationsmodell durch die ihnen zugewiesenen Rollen zusammengefasst. Die Interaktion zwischen den Agenten untereinander wird in einem Kommunikations- und Kooperationsprotokoll festgelegt. Auf Grund von Beispielen kann ein neuronaler Fuzzy-Agent mit einem unscharfe Präferenzen enthaltenden Anwenderprofil trainiert werden, der sich weiterentwickeln kann. Dadurch kann eine virtuelle Repräsentation von individuellen Bedürfnisprofilen und Interessen ermöglicht werden.

Durch «Neuromorphic Engineering» sollen siliziumbasierte Neuronen entwickelt werden, womit die heutige Softwareemulation der Neuronen durch Hardwarekomponenten mit deutlich höherer Leistungsfähigkeit ersetzt werden könnten. Insbesondere soll es dadurch ermöglicht werden neben Logik und Semantik, die Wahrnehmung und Mustererkennung weiterzuentwickeln.

Begriffsklärung: Kognition, Intelligenz und System

Kognition beschreibt den Prozess zum Gewahrwerden und Erkennen von Zusammenhängen (nach Kaminski in Häcker et al. 2004). Im vorliegenden Kontext wird Kognition als Berechnungsvorgang (Computation) verstanden.

Ein wesentliches Element der Intelligenz ist die Befähigung zu Leistungen die unmittelbar in Denkvorgängen (Beziehungserfassungen) bestehen und es ermöglichen in neuen Situationen funktionale Orientierung in Form von Bedeutungskonstruktion und Entscheidung zu generieren ohne das hierfür Erfahrung notwendig ist (nach Pauli in Häcker et al. 2004).

Ein System stellt ein Aggregat von Einzelvorgängen dar, die nach bestimmten (nicht immer und notwendig von aussen beschreibbaren) Regeln wechselseitig aufeinander wirken (nach Dörner in Häcker et al. 2004).

Systeme sind mindestens zeitlich befristet auf Erhalt und Funktion ausgerichtet. Die Variablen in einem System sind gekoppelt. Systemvariablen können in keiner, einer uni-/bidirektionalen, in-/direkten, positiven oder negativen intensitätsvariierten Wechselbeziehung zueinanderstehen.

Das System wird einerseits an seinen Grenzen durch Rahmenbedingungen oder Umweltfaktoren determiniert, wie es auch selbst seine Umwelt beeinflusst. Die Existenzseinheit ist daher, wie Gregory Bateson (2001) feststellte, immer System plus Umwelt. Die auf das System wirkenden Umweltfaktoren ermöglichen und limitieren das System gleichzeitig. Die Interaktion des Systems mit seiner Umwelt ist einerseits von der inneren Struktur, seiner Operationslogik und andererseits von den Rahmen-/Funktionssbedingungen abhängig.

Anpassungsvariationen von Systemen an die Umweltbedingungen können als natürliches Driften im Rahmen der immanenten Reaktionsmöglichkeiten gesehen werden (Maturana et al. 1987). Bestand und Wandel müssen dabei als eine (dialektische) Gestalt angesehen werden (Watzlawick et al. 2001). Variablen von Systemen sind gekoppelt, das heisst, sie reagieren immer auf Veränderungen anderer (interner oder externer) Variablen. Jedoch sind diese Auswirkungen von Veränderungen auf einzelne Variablen vom Beobachter nicht immer beobachtbar oder erkennbar.

Veränderungen der Rahmenbedingungen ausserhalb des systemimmanenten Anpassungsbereichs führen entweder zur Zerstörung des Systems oder zu Anpassungssprüngen. Die in Systemen sich anlegenden und entwickelnden Relationsnetze funktionieren nach eigener zeitlicher Logik, d.h. teilweise mit Verzögerungen, die eine direkte Rückführung auf bestimmte Ursachen verhindern sowie das Erkennen von Ursache-Wirkungsbeziehungen erschweren bis unmöglich machen. (Vester 2007)

BATESON, G. (2001) Ökologie des Geistes: Anthropologische, psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven, Suhrkamp Verlag, Berlin

HÄCKER, H.O.; STAPF, K.H. (Hrsg.)(2004) Dorsch. Psychologisches Wörterbuch, 14. Auflage, Verlag Hans Huber, Bern

MATURANA, H.R.; VARELA, F.J. (1987) Der Baum der Erkenntnis. Die biologischen Wurzeln menschlichen Erkennens, 1. Auflage, Goldmann Verlag, München

HAUN, M. (2014) Cognitive Computing, Steigerung des Systemischen Intelligenzprofils, 1. Auflage, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg

VESTER, F. (2007) Die Kunst vernetzt zu denken. Ideen und Werkzeuge für einen neuen Umgang mit Komplexität, 6. Auflage, Deutscher Taschenbuch Verlag, München

WATZLAWICK, P.; WEAKLAND, J.H.; FISCH, R. (2001) Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels, 6. Auflage, Verlag Hans Huber, Bern/ Göttingen/Toronto/Seattle

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