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Freestyle Storytelling – Marketing? Nein, Macheting!

April 20, 2020

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Aus dem Unterricht des CAS Multichannel Management mit den Brüdern Frank und Patrik Riklin berichtet Luca Talarico:

Freestyle Storytelling – An den Horizont der Fantasie

Frank erzählt: «Pädi und ich sind freischaffende Künstler, wir haben uns vor 20 Jahren selbstständig gemacht und darum ist Kunst für uns natürlich das zentrale Produkt. Wir haben mittlerweile einen Erfahrungsschatz sammeln können, wo wir aufgrund von verschiedenster Arbeiten die wir bereits gemacht haben Kunst dort platzieren konnten, wo sie nicht erwartet wird.»

Mit den Waffen der Kunst Geschichten produzieren – aus diesem Mix entsteht gutes Storytelling. Spannende Beispiele der Gebrüder Riklin findet ihr etwas weiter unten im Blog.

Wenn wir uns selber fragen würden – Was hat Freestyle Storytelling für eine Bedeutung? – Dann wäre eine mögliche Antwort folgende:

Kunst zu produzieren und Geschichten zu erzählen wo keiner sie erwartet

Wenn vermeintlicher Fake, Realität wird, wird Storytelling spannend. Kreativität wird dann ausgelöst, wenn man sich unüblich verhaltet. Wenn sich alle immer gleich bewegen kann man sich im Markt nicht halten. Ein kleines Beispiel: Es gibt tatsächlich Leute die haben das Büro im Rucksack und machen IT-Beratung unterwegs. Das ist doch mal was ganz anderes.

 

 

 

Unterbrüche generieren einen guten Nährboden für spannende und neue GeschichtenFreestyle Storytelling bedeutet ausserdem:

  • Immer mit Emotionen verbunden, hat etwas Überraschendes, etwas, was man nicht erwartet
  • Gutes Storytelling bleibt nachhaltig in Erinnerung und ist kreativ
  • Es verpackt das Produkt oder die Marketingbotschaft für den User/Kunden in einem sinnvollen Kontext und ist nicht nur eine Hülle, sondern generiert Mehrwert
  • Der rote Faden ist wichtig
  • Gutes Storytelling ist mutig
  • Es darf konzeptlos sein, dies kann auch eine Art Konzept sein
  • Hat immer eine Spannung, sodass der User nicht gelangweilt/abgelenkt ist
  • Storytelling kann man trainieren
  • Freestyle Storytelling verzichtet auf klassisches Marketing und richtet den Fokus aufs machen
  • Storyteller der Zukunft praktizieren das Unübliche und meiden Stereotypen
  • Storyteller der Zukunft kooperieren mit der Gesellschaft und schaffen neue Realitäten

Mit gutem Storytelling andere bewegen. Jeder will mit Marketing oder einer vermeintlich guten Story Emotionen schaffen. Diese schafft man jedoch nur, wenn man sich selber bewegt. Man kann nicht einfach vor dem Computer ein Produkt oder weitere Flyer gestalten, damit wird nur eine Hülle transportiert. Man muss sich einfach anders bewegen. Dort wo alle hingehen wächst kein Gras.

Das Atelier für Sonderaufgaben:

Leider wurde es uns durch die momentan grassierende Grippe-Pandemie, ja lieber Leser das ist kein Witz, verwehrt das Atelier für Sonderaufgaben Live zu besuchen. Dieses wurde jedoch so gut wie möglich via digitalem Unterricht beschrieben und auf Kamera gezeigt, dass man sich darunter etwas vorstellen konnte.

Ein beindruckendes Beispiel aus dem Atelier  Das 0-Stern Hotel:

Es war das Jahr 2008 – Die Aufgabe war, einen Luftschutzbunker im Appenzeller Land in eine angenehme Übernachtungsmöglichkeit zu verwandeln. Der Bunker wurde ausgeräumt und mit Mobiliar aus Gemeinde und Privathaushalten neu inszeniert. Ein Monitor mit live Bildern zur Aussenwelt ersetzte das Fenster. Daraus ist das 0-Stern Hotel mit 14 Betten entstanden, eine Nacht kostete CHF 25 bis 35. Einerseits hatte das Konzept einen Impact auf die Kunstwelt, man hat es aber auch in der Wirtschaft wahrgenommen. Plötzlich wurde man von Investoren kontaktiert. 

0-Stern «the only star is you», war der Slogan. Auch negative Feedbacks wie, «ein Butler Service gehört nicht in ein 0-Stern Hotel sondern in ein 5-Sterne Haus», gehörten zum Alltag. Dies war aber auch die Grundidee, eine Antithese zum Luxuswahn zu kreieren. 

Aus der ganzen Welt reisten Medien an und berichteten. Darauf trafen Gäste aus 29 verschiedenen Ländern ein. Das Konzept konnte zur Marke gemacht werden. Nach einem Jahr schliesst das Hotel jedoch seine Tore, daraufhin hagelte es Angebote aus der ganzen Welt. Jedoch wurde abgelehnt, da die Philosophie nicht begriffen wurde. Das Hotel wurde zum Museum umfunktioniert. 

Dieses schöne Beispiel zeigt, dass wenn Sachen kombiniert und neue Sachen erstellt werden die es noch nicht gibt, etwas interessantes dabei entstehen kann. Die Schnittstelle der Riklin Brüder ist dort, wo Kunst, Gesellschaft und Wirtschaft zusammen kommen, ohne das die Kunst Kompromisse eingehen muss. Nehmen wir jedoch das Wort Kunst als Platzhalter und ersetzen dies durch «unser Unternehmen» sieht die Sache schon ganz anders aus. Wo liegt die Schnittstelle von unserem Unternehmen, Gesellschaft und Wirtschaft? Das ist die Frage die man sich stellen sollte.

Acht Jahre später

Acht Jahre später wurde eine zweite Version vom 0-Stern Hotel entwickelt. Die Idee war, ein Zimmer aus dem 0-Stern Hotel in eine schöne Landschaft zu setzen. Der Bunker wurde weggelassen, so gab es auch keine Fluchtweg Probleme mehr. Das «Zimmer» kostete nun neu CHF 295.– und, wer hätte es gedacht, es war beim Start bereits innerhalb von zwei Tagen restlos ausverkauft. Die Botschaft war, Konsequent auf eine Immobilie verzichten zu können. Immobil wurde neu zu mobil, dies ergab eine ganz andere Bewegungsfreiheit.

Der Plan dabei, weniger vitalisierte Regionen zu pushen und zu aktivieren. Daraufhin wurden auch weitere Zimmer inszeniert. Momentan sind 9’000 Personen auf der Warteliste. Das Hotel ist bis ins Jahr 2067 ausgebucht, da das Konzept nur über die Sommermonate zur Verfügung steht. Kunst und Unternehmenskooperation – «Zero Real Estate» wird es nun genannt, nicht mehr 0-Stern Hotel – das ist die Adaption vom künstlerischen Konzept.

Drei weitere Storys zur Inspiration:

Story 1 «Fliegen»

Vom Killer zum Retter – Heute produziert Dr. Reckhaus Insektenschutzmitteln mit höchsten ökologischen Ansprüchen. Reduzierung oder Vermeidung von Biozid-Einsatz, und wenn, dann nur mit Ausgleich durch das Gütesiegel “Insect Respect”.

Story 2 «Tücher»

Ein grosses «Bignick» mit verschiedenen bunten Tüchern wurde mit dem Ziel veranstaltet, Menschen unterschiedlichster Gemeinschaften zusammenzubringen und der Region Ostschweiz mehr Aufmerksamkeit zu geben.

Story 3 «Motorsägen»

Das Ziel war ein Büro zu kreieren, dass zu den Kunden geht und nicht umgekehrt, aber vor allem den Kundenkontakt wörtlich nimmt.

Spannend – Was ist der gemeinsame Nenner der beschriebenen Geschichten? Diese Frage lässt sich mit folgender Aufzählung kurz und knapp beantworten und könnte sogar als einfacher Leitfaden dienen:

Transformation / Nachhaltig / Perspektivenwechsel / Mutig / Neu / Überraschend / Innovativ / Extrem / Risiko / Vision / Sinnvoll im Kontext / Experiment / Erlebnis schaffen / Mediale Aufmerksamkeit / Inszenierung / Einbezug von bestehenden Ressourcen / Machen und nicht nur sagen / Emotionen / Maximum aus bestehenden Ressourcen herausholen / Sympathisch und mit einem Augenzwinkern / Lustvoll

Was sind jedoch die Grundvoraussetzungen für ein erfolgreiches und gelingendes Storytelling? Hier einige Beispiele:

  • Identitätsbewusstsein: Wer sind wir? Woher kommen wir? Wohin gehen wir?
  • Personifizierung, Authentizität, Glaubwürdigkeit, Ernsthaftigkeit, Irritation, Dramaturgie
  • Fokus liegt auf der Story, nicht auf dem Produkt!
  • Gesellschaftliche Relevanz: aktueller Bezug, Newswert, echte Fragestellungen, visionäres Denken
  • Visualisierung: starke Bilderwelt (Eye-Catcher), Corpus delicti, Locations (minutiöse Dokumentation)
  • Arbeit mit der Emotion, Abenteuer und Risikobereitschaft, unübliches Handeln, Ergebnisoffenheit

Drei Kreativitätstechniken zum Schluss:

Neo-Glöggli-Spiel:

Das Neo-Glöggli-Spiel eine Art “Ad-hoc-Feedback Methode“ aus dem Hause Atelier für Sonderaufgaben. Man klingelt an Haustüren und statt wegzurennen, so wie man das als Kind gemacht hat, bleibt man stehen und konfrontiert die Menschen mit seinen Gedanken und Ideen. Damit erhält man in kurzer Zeit ein wertvolles Ergebnis, womit der kreative Prozess angeregt wird.

Stichomantie:

Ist eine Form der Wahrsagung aus einer zufällig aufgeschlagenen Buchstelle. Zuvor stellst du dem Buch (es kann auch ein Magazin oder eine Zeitschrift sein) eine Frage, die du gerne beantwortet haben möchtest. Das Buch gibt dir eine Antwort, die den kreativen Denkprozess anregt.

Machium statt Studium:

Das „Machium statt Studium“ ist eine aktionistische Methode, bei der versucht wird, mittels eines kleinen Experiments vom Denken ins Handeln zu kommen und so die eine und andere Reaktion hervorzurufen bzw. zu provozieren.

Fazit

Zusätzlich mit auf den Weg geben uns Frank und Patrik Riklin folgende Abkürzung: «UMP» Was soviel heisst wie Unique Macheting Proposition – mit der Erklärung, dass mit einer Story einfach einmal begonnen werden soll, mit dem Vertrauen, dass sie wachsen wird.

Storytelling beginnt da, wo die Story vermeintlich endet, verzichtet auf klassisches Marketing und meidet Stereotypen.

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