Institute for Digital Business

Incubator und Corporate Venturing

November 26, 2019

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Aus dem Unterreicht des CAS Distruptive Technologies mit Max Meister und drei Special Speakers: Mathias Strazza,  Désirée Heutschi und Matthias Gerber.

Der Unterricht  zu Inkubatoren und Corporate Venturing fand in der inspirierenden Coworking Umgebung von Westhive, an der Hardturmstrasse in Zürich statt.

Was ist ein Inkubator?

Der Begriff Inkubator stammt aus der Medizin und bezeichnet einen Brutkasten für Frühgeborene. Somit sollen ein optimales Klima und Umfeld geschaffen werden, welches dem Neugeborenen ermöglicht, in Ruhe heranzuwachsen. Im übertragenen Sinne, helfen Inkubatoren in der Geschäftswelt Startups und Unternehmer auf ihrem Wachstums- und Entwicklungspfad.

Inkubatoren können Organisationen, Institute oder Unternehmen sein, welche auf verschiedene Art und Weise Startups begleiten. Es geht um Beratung, Coaching, Büroräume, Infrastrukturausstattungen bis zu umfangreichen Service- und Dienstleistungen, sowie Finanzierungen und Beteiligungen. Als Startup erhofft man sich durch den Inkubator eine deutlich höhere Überlebensrate und bessere Wachstumschancen.

Drei Special Speakers haben uns verschiede Perspektiven rund um das Thema Corporate Venturing gegeben.

Die Corporate Perspektive

Um die Entwicklung neuer Anwendungen voranzutreiben, verlassen sich grosse Schweizer Unternehmen nicht mehr nur auf externe Partner, sondern legen selbst Hand an. In firmeneigenen Labs entstehen neue Ideen, Angebote, Produkte und Projekte, welche später eventuell im Tagesgeschäft implementiert werden oder sich selbständig weiterentwickeln können.

Aber wieso betreiben Unternehmen wie Postfinance oder Amag solche «Labs»?

Die Geschwindigkeit der Veränderungen macht radikale Schritte nötig. Unternehmen sind meist zu 100% beschäftigt sich mit der Gegenwart und dem Dailybusiness auseinanderzusetzten, so dass keine Zeit bleibt, sich um die Zukunft zu kümmern. Es braucht Menschen in Unternehmen, welche sich mit der Zukunft befassen. Auch wenn diese Themen das bereits vorhandene kannibalisieren könnten.

Mathias Strazza, Head of Postfinance Venture Lab (PF Lab) bei Postfinance AG

Wie geht die Postfinance mit solch einem Thema um? Wie kann an der Zukunft des Bankings gearbeitet werden und somit Innovationen und neue Geschäftsmodelle gefördert werden? Ist z.B Blockchain nur ein Hpye im Bereich der Fintech Branche oder die nächste wichtigste Technologie im Banking-Bereich?

Das PF Lab ist ein Innovationslabor von der Postfiance, welches mit Zukunfstehemen experimentiert, pilotiert und innoviert. Zusammen mit dem Venturing-Team wirkt es an vielversprechenden Startups und deren Geschäftsmodellen mit. Zudem fördert es Kooperationen mit Startups, Unternehmen, Hochschulen, Unis und Netzwerken.

Was wird aus PF Lab Sicht als Innovation bezeichnet? Und wie kann sichergestellt werden, dass Innovationen Geld erwirtschaften?

Der Innovationsprozess teilt die Postfinance in drei verschiedene Horizonte ein:

Im Horizont 1 befindet sich das Core Business, welches auch 70% der Ressourcen des PF Lab beansprucht. Themen in der Digital Transformation sind im Horizont 2 angesetzt (20% der Ressourcen). Zukunftsthemen rund um das Future of Banking sind im Horizont 3. In diesem Bereich ist es schwierig zu wissen, wo die Reise hingeht. Hier geht es um Geschäftsfelder, welche nicht heute, sondern eher in 3-5 Jahren für die Postfinance interessant sein könnten. Dort kann das Lab, Themen losgelöst von den bestehen Strukturen handhaben und greifbar machen. Diese Themen bleiben selbsttätig oder werden vielleicht später zu einer Kerntätigkeit von PostFinance. Es gibt verschiedene Beteiligungen, erste Pilotversuche, die auf dem Markt gelaufen sind, sowie erste Innovationsvorhaben,  welche noch in der Bewährungsphase sind. Es wird aber auch in Corporate Venture Capital in Startups investiert, um Wissen über neuartige Geschäftsmodelle zu erschliessen und Kompetenzen in spezifischen Themen, wie aktuell Blockchain aufgebaut.

Was passiert aber genau in einem Innovationsprozess?

Bei der Exploration (Problem-Solution Fit) geht es darum, Trends und Signale in den Märkten zu erkennen. Denn eine gute Idee reicht leider nicht immer aus, um ein innovatives Produkt/Dienstleistung zu lancieren. Es geht darum, mit Ideen zu spielen und zu sehen, wie gut sie sind und wie man diese weiterentwickeln kann (Buch-Tipp: Bridging the innovation Gap).

Sogenannte Megatrends, aktuelle Trends und Technologien sind spannende Suchfelder um Probleme und Kundenbedürfnisse frühzeitig zu entdecken. Darin liegt auch die Herausforderung, welcher Trend oder welche Technologie auch in Zukunft wirklich relevant sein wird.

Das Ziel beim Pilot – Experiment-Product-Customer Fit ist es «try», «fail» und «try again» bis ein Erfolg erreicht wird. In der Pilot-Phase erhält man dann am Markt das erste Feedback, welche wieder im Innovationsprozess einbezogen werden, den «Iteration is key». Wichtig ist es dabei, schnelle Rückschlüsse zu ziehen und keine Angst vor Fehlern zu haben. Innovationsmanagement braucht eine offene Fehlerkultur. «Scheitere schnell, scheitere oft, lerne und versuche es wieder» wird somit zum Leitsatz. Dazu hat PF Lab auch ein spannendes Buch mit dem Titel “from Epic Fails, to Happy Failures, To No-need Fails, to Failures by Following Management” herausgegeben.

In einem solchem Innovationsprozess (und nach vielen Fails) sind u.a auch Angebote wie valuu, PostFinance Autoversicherung und Tilbago entstanden.

Nach zwei bis maximal drei Jahren muss in der Regel die Idee, die gesteckten Ziele erreichen, auch wenn ein Businessplan auf 5 Jahre geschrieben worden ist.

Es gibt auch Corporate Venture Captials Beteiligungen, welche man begleitet, aber nicht aktiv am Innovationsprozess beteiligt wird. Beim FR Lab sind es Beteiligungen in verschiedenen Bereichen (BTO, Getsurance, Sentify, Soncet…)

Stefan Rüssli, Head of Venture Operations Innovation & Venture Lab bei AMAG Group

Wie alle Industrien, ist auch die Automobilindustrie im Umbruch. Die Amag steht somit vor neuen Herausforderungen durch die Entwicklungen in der Marktsituation: Autohersteller möchten ihre Autos direkt an die Kunden verkaufen. Tech-Giganten, wie Amazon verkaufen Autos simple über das Internet. Die Elektrifizierung der Autos schreitet sehr schnell voran – was wird das für den Aftersales heissen?

Um mit so vielen Herausforderungen umzugehen braucht es eine klare Vision den User/Käufer ins Zentrum zu setzen. Dies macht Amag nach dem Lean Management Prinzip: Make or Buy.

Wichtige Schlussfolgerungen aus den Erfahrungen des Amag Venture LAB:

  • Eine kleine Strategie (Auftrag) hilft, ist aber oftmals eine Utopie: Anpassungsfähig ist wichtig
  • Risikobereitschaft heisst nicht hohe Risiken in Kauf zu nehmen: Try, Fail an Try again…
  • Es braucht Top Management Support: Den muss man sich aber erarbeiten
  • Timing ist entscheidend
  • Ein buy in von allen Stakeholder ist wichtig um gemeinsam ans Ziel zu gelangen
  • Bei Beteiligungen: Klare Ziele setzten und Erwartungsmanagement bertreiben
  • Mit dem Innovationsdilemma umgehen: Awareness schaffen, bevor man einen Change bewirken will

In Zusammenarbeit mit dem Amag Venture LAB sind viele spannende Projekte unterstützt und lanciert worden ua auch Autosense, A-Way, Sharoo oder Clyde.

Die Facilitator Perspektive im Corporate Venturing

Als Corporate Venture bezeichnet man eine Variante des Venture Capital, bei dem das zur Finanzierung eines Start-Ups benötigte Eigenkapital nicht von einem Unternehmen im Finanzbereich zur Verfügung gestellt wird. Mittlerweile herrscht grosses Interesse auch bei institutionellen Anlegern, wie Family Offices und Pensionskassen, in diesem Bereich zu investieren. Hintergründe sind Strategische neue Technologien (Window on technology), neue Geschäftsmodelle,  Innovation oder neue Märkte kennenzulernen. Sowie finanziell einen interessanten ROI und Steigerung des Unternehmenswert zu erreichen.

Désiréé Heutschi, CEO bei Swiss Startup Factory

Wie geht ein Facilitator mit dem Thema Corporate Venturing um?

Für Corporates stellen sich heute neue grosse Herausforderungen:

  • Steigender Wettbewerb durch StartUps und Globalisierung (extern) zwingt Unternehmen neue Geschäftsfelder zu erschliessen
  • Steigender Wettbewerb von aussen und mangelnde Anpassungsfähigkeit Intern führen oftmals zur Erosion der Konkurrenzfähigkeit
  • Zweiseitiges Dilemma, welches in existenten Strukturen schwer zu lösen ist
  • Etablierte Unternehmen sind pfadabhängig (intern)
    • Routinen in der Gegenwart bestimmen die Möglichkeiten der Zukunft.
    • Routinen sind aufgrund von Organisation, Kultur, funktionaler Fixierung der Mitarbeiter nur schwer zu brechen bzw. adaptieren

Die Zahl der Startup-Gründungen sind, laut Startupticker.ch, seit den bescheidenen Anfängen in den 90iger Jahren stark gestiegen. Heute werden Jahr für Jahr 300 technologiegetriebene Unternehmen gegründet, dass sind viermal mehr als noch im 2002. Die meisten Statups entstehen in den Kantonen Zürich, Waadt, Genf, Bern und Zug. Die Faktoren für diesen Boom sind sicherlich die neuen technischen Möglichkeiten, weniger regulatorische Richtlinien und weniger physische Kapital-Ressourcen, welche in der «New Economy» nötig sind.

Auch für Startups stellen sich viele Herausforderungen:

  • Mangelnde Verfügbarkeit von Finanzmitteln
  • Unbekanntheit am Markt und beim Kunden
  • Herausforderung zu skalieren
  • Limitiertes Branchenwissen (Vorteil und Nachteil)
  • Herausforderungen für das Venture variieren nach Entwicklungsgrad
  • Eingeschränkte Verhandlungsmacht ggü. Partnern

Das Corporate Venturing hat das Potential, die Herausforderungen beider Stakeholdern zu neutralisieren und Vorteile für beiden Seiten zu schaffen (Synergie Effekte). Ein Facilitator hilft, die Zusammenarbeit der Corporate und Startups zu unterstützen:

  • Soll man in Corporate Venturing Aktivitäten investieren?
  • Unter welchen Voraussetzungen soll CV betreiben und wann macht CV keinen Sinn?
  • In welche Unternehmen soll investiert werden oder welcher CV Partner könnte das Startup optimal unterstützen?

Im Corporate Venturing (CV) geht es darum die Investitionen ein etabliertes Unternehmens in ein risikobehaftetes Venture (StartUp, junges Unternehmen) zu steuern oder die strategische Zusammenarbeit beider Stakeholder, ohne finanzielles Investment zur Nutzung von Synergieeffekten zu fördern. Oftmals ist es eine Mischform aus finanziellem Investment und strategischer Zusammenarbeit. Die Ziele und Art der Zusammenarbeit variiert nach strategischen Herausforderungen beider Partner. CV fordert daher komplexe Entscheidungen, mit Einbezug vieler interner (top-level, M&A, Finance, Venture Fund, R&D, …) und externer Stakeholder.

Im CV geht es mehrheitlich um Innovation und neue Geschäftsfelder und darum Umsätze zu generieren.

Global sind das 254 Mia USD welche investiert werden. In der Schweiz beträgt das CV Kaptial über 160 Mio (2017) und 20% des Risikokaptial kam im 2018 aus Corporates. Die Schweiz steht somit im internationalen Vergleich in den Top 5 Nationen.

Ein Facilitator kann die Komplexität des CV auf beide Seiten unterstützen.

Beim Managed CV Fund können Corporates weitere Aufgaben an spezialisierte Unternehmen auslagern. Denn vielen Grossunternehmen / Konzernen fehlen das Knowhow im Umgang mit Investitionen in Jungunternehmen. Investitionsprozesse sind langwierig und kompliziert und werden Corporate Venture Capital Grundsätzen nicht gerecht. Zusätzlich erdrücken direkte Investitionen aus Corporate Strukturen Jungunternehmen mehr, als dass sie sie beflügeln. Ein managed Corporate Fund sichert die Bündelung der richtigen Expertise am richtigen Ort, Agilität und Flexibilität im Investitionsprozess und klare Ziele, Investmentstrategie, Organe und Prozesse.

Das Unternehmen Ringier ist zum Beispiel kein strategischer Investor, sondern investiert als Venture Kapitalgeber in ein attraktives Portfolio von Minderheitsbeteiligungen. Die jeweiligen Gründerteams arbeiten eng mit Ringier Digital Ventures zusammen und partizipieren bei der Entwicklung ihrer Unternehmen von der Expertise der erfolgreichsten Unternehmen der Ringier AG. Hierzu gehören Firmen wie flatfox, Checkyeti oder Baze.

Die Startup Perspektive im Corporate Venturing

Etwa 80 Prozent aller Startups scheitern nach weniger als drei Jahren. Ein Corporate Venturing kann oftmals helfen, die Bekanntheit des Startup am Markt und beim Kunden zu steigern und durch die Fianzielleunterstützung, den Geschäftsplan schneller zu skalieren.

Matthias Gerber, Geschäftsführer und Gründer von Carhelper AG

Unternehmer zu sein, ist immer mit Risiko verbunden. Es braucht viel Mut und sehr harte Arbeit etwas Neues auf die Beine zu stellen. Es ist sehr wichtig, die besten Leute und das richtige Knowhow von Anfang an Board zu holen und alles was nicht Core ist, wie Finance, Legal etc auszulagern. Auch in diesen Bereichen können Business Angels helfen, die richtigen Partner zu finden, damit mehr Zeit für die Entwicklung des Geschäftes bleibt. Der Startup Carhelper konnte dank dem Corporate Venturing von Amag, das Geschäftsmodell schneller skalieren und ausbauen. Dank der Zusammenarbeit haben beide Seiten sehr viel voneinander profitiert und gelernet. Die Vergleichsplattform für Autoservices und Reparaturen Carhelper konnte, dank dem CV enorm wachsen. Innovationen und die Ausdehnung des Geschäfts im Bereich Service-Rechner für die Webseiten von Garagisten, haben dem Startup zusätzlich die Möglichkeit eröffnet, eine Expansion ins nahe Ausland zu wagen.

“Enterpreneurship is living a few years of your life like most people won’t. so that you can spend the rest of your life like most people can’t.”

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