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Wie man eine erfolgreiche Fintech Strategie definiert

Januar 11, 2018

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Aus dem Unterricht des CAS Digital Finance zum Thema Fintech Strategie mit Dr. Daniel Diemers (PWC Strategy&) berichtet Jürg Brassel.

Wie überbrückt man den Graben zwischen Strategie und erfolgreicher Umsetzung?

Diese Frage steht am Anfang der Ausführungen am Nachmittag des 19. Dezember in Zürich. Nachdem wir bisher das Thema Digital Finance schon unter verschiedensten Aspekten betrachtet hatten (Technologie, Geschäftsmodell, Kultur) sind wir gespannt, wie das Ganze nun zu einer erfolgreichen Strategie integriert werden kann.

Wir beginnen gleich mit dem Elefanten im Raum: Was ist das Problem mit Strategie im Bereich Fintech/Digital? Häufig wird zu stark nur auf die Technologie gesetzt und das kommerzielle Geschäftsmodell ist nicht solide genug. Zudem ist die Emotionalisierung im Finanzbereich nicht einfach und andere Projekte leiden an ungenügender Skalierbarkeit (vor allem auch international).

Viele Fintechs befinden sich auch in der Falle des Business-Model-Canvas. Denn ein Canvas ist ein wertvolles Arbeitsinstrument, aber er ersetzt keine Strategie und keine fundierte Strategiearbeit. Denn bei dieser geht es um die langfristige Reise und somit die langfristigen Ziele eines Unternehmens.

Es sind Menschen, welche Strategien ausarbeiten und dann auch tragen sollten. Hier liegt denn auch die grösste Gefahr für eine Fintech Strategie, nämlich in den Bereichen Leadership und Governance. Gemäss einer Studie von Strategy& sind nur 8% der Senior Executives (bei einer Anzahl von 700 befragten Teilnehmern) sowohl in der Strategie-Ausarbeitung als auch in deren Umsetzung sehr effektiv.

Der Strategie-Ansatz “Strategy That Works”

Zum Thema Strategie gibt es bekannterweise sehr viele unterschiedliche Modelle. Wichtig ist es, eines auszuwählen und sich dann konsequent daran zu halten und zu orientieren. Bei Strategy& ist dies der Ansatz „Strategy that Works“. Dieser wird im Buch „Strategy that works: How winning companies close the strategy-to-execution gap“ im Detail und mit konkreten Beispielen beschrieben.

Zum Einstieg ein paar Zahlen und Aussagen aus einer Studie von Strategy&:

  • 50% der Senior Executives glauben nicht, dass sie eine erfolgreiche (=winning) Strategie haben
  • Zwei von drei geben zu, dass ihre Unternehmungen nicht die Fähigkeiten haben, welches es braucht, um Mehrwert zu schaffen
  • Vier von fünf Executives räumen auch ein, dass ihre Gesamtstrategie im eigenen Unternehmen nicht gut verstanden wird
  • Neun von zehn gestehen ein, dass grössere Marktchancen an ihnen vorbeigehen

Häufig machen die Unternehmen auch den Fehler, dem Markt nachzurennen und konventionelle Erfahrung anzuwenden. Zudem stellen sie sich die falschen Fragen: z.B. Wo wollen wir wachsen? Statt: Wer wollen wir sein? Wie wollen wir anders sein, um Mehrwert zu schaffen?

Das Konzept von „Strategy That Works“ zeigt, wie erfolgreiche Gesellschaften den Graben zwischen Strategie und deren Umsetzung schliessen. Dies erfolgt durch fünf „Acts of Unconventional Leadership“.

Die fünf “Acts of Unconventional Leadership”

1) Commit to an identity

Beim ersten Schritt geht es darum, sich nicht darüber zu definieren, was man verkauft, sondern was man macht und wer man ist. In anderen Worten: Eine klare Identität zu definieren und daran festzuhalten. Eine wirklich differenzierende Identität beruht auf sehr spezifischen und schwer nachzuahmenden Fähigkeiten. Diese kann ein Konkurrent nicht einfach vom Regal kaufen.

Zu einer erfolgreichen Identität gehören die folgenden Bausteine:

  • „Way to play“: Eine klare und differenzierte Art, Mehrwert für den Kunden zu schaffen
  • „Capabilities system“: Die Schaffung von Mehrwert beruht auf drei bis sechs Fähigkeiten, welche es einem Unternehmen erlauben, die Value Proposition zu erbringen
  • „Products and service fit“: Alle Produkte und Dienstleistungen beruhen auf dem einzigartigen „Capabilities system“

Wenn diese drei Bausteine kohärent sind und sich der Kreislauf schliesst, dann ergibt sich daraus für das Unternehmen ein „Right to win“.

Es gibt viele verschiedenen Arten, Mehrwert für den Kunden zu schaffen. Schaut man sich diese genauer an, sieht man eine Reihe von Grundmustern. Diese lassen sich auch gut und passend kombinieren.

Am Beispiel von Apple kann man dies gut illustrieren: Apple ist sowohl Integrator, Innovator als auch Experience Provider.

2) Translate the strategic into the everyday

Bei diesem zweiten Schritt steht im Zentrum, nicht mehr so wie bisher auf operationelle Höchstleistungen und Benchmarking zu fokussieren. Denn dadurch kann man im Markt nicht wirklich einen anderen Platz einnehmen als die Konkurrenz.

Der Fokus sollte darauf ausgerichtet sein, drei bis sechs einzigartige und Funktionen-übergreifende Fähigkeiten aufzubauen. Diese tragen die Strategie und sind die entscheidenden Faktoren für die Gewinnentwicklung des Unternehmens.

Zuerst müssen diese drei bis sechs Fähigkeiten definiert werden: Welches sind diese Fähigkeiten, wie interagieren sie, wie schaffen sie Mehrwert und was braucht es, damit sie erfolgreich sind?

Somit ist das Unternehmen gefordert, diese Fähigkeiten aufzubauen und durch Innovation, kontinuierliche Verbesserung und M&A bestehende Fähigkeiten zu stärken.

Auf dieser Grundlage können die Fähigkeiten dann auch skaliert werden.

Diese differenzierenden Fähigkeiten bilden die Grundlage für die Value Proposition(s) des Unternehmens. Entsprechend müssen auch die Investitionen in diesem Bereich höher sein als diejenigen der Konkurrenz.

3) Put your culture to work

Ein sehr wichtiger Erfolgsfaktor für eine Strategie ist die Kultur. Deren Aufbau oder deren Veränderung sind erfahrungsgemäss lange und komplexe Prozesse.

Die Empfehlung lautet hier, die Kultur nicht mehr zu bekämpfen, sondern zu seinem eigenen Gunsten einzusetzen. Wie kann man das machen? Indem man diejenigen Elemente und Verhaltensweisen in der Kultur identifiziert, welche die Strategie unterstützen.

Zudem braucht es eine kleine, aber genügende Anzahl von Managern und Mitarbeitern, welche diese erfolgskritischen Verhaltensweisen unterstützen und proaktiv einsetzen. Die dadurch geschaffene emotionale Energie hilft, auch alle anderen Mitarbeiter zu inspirieren, die Strategie umzusetzen.

Aussergewöhnliche Unternehmenskulturen sind sehr unterschiedlich, sie haben aber einige gemeinsame Eigenschaften:

  • Emotionales Commitment: Alle sind engagiert dabei
  • Gegenseitige Rechenschaftspflicht: Man erwartet voneinander hohe Standards
  • Gemeinsame Verantwortung: Eine starke Kultur sorgt dafür, dass das Ganze mehr ist, als die Summe der Einzelteile

4) Cut costs to grow stronger

Beim Thema Kosten wird häufig der Fehler gemacht, über alle Funktionen und Aktivitäten hinweg Kosten zu reduzieren. Viel erfolgsversprechender ist es, Kosten strategisch zu senken.

Bei den meisten Unternehmen betreffen 20% bis 40% des Budgets Bereiche, die nichts mit der Strategie zu tun haben. Dieses Geld wäre besser investiert in die einzigartigen Fähigkeiten des Unternehmens, wie wir sie weiter oben schon definiert haben. Damit würden sie direkt wirksam zur Förderung der Strategie und damit des Erfolgs der Unternehmung.

5) Shape your future

Last but not least ist es wichtig, nicht immer nur auf Marktveränderungen zu reagieren, sondern stattdessen die eigene Zukunft aktiv zu beeinflussen und zu gestalten.

Der privilegierte Zugang zu den Kunden erlaubt es dem Unternehmen herauszufinden, was diese wirklich wollen. Manchmal sogar bevor es die Kunden selber wissen.

Die aufgebauten Fähigkeiten müssen innovativ weiterentwickelt und ausgeweitet werden. Auch gilt es, die bestehende Differenzierung zu stärken.

Ziel ist es, dass sich der Markt dorthin entwickelt, wo die Unternehmung ihre Stärken hat und sich um diese herum gruppiert.

Zusamenfassung “Strategy That Works”

Eine gute Übersicht existiert auch in Form eines Videos auf youtube. Happy viewing !

https://www.youtube.com/watch?v=cHd9nkwr7Fk

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